Der Bundesrat hat am 14. November 2018 die Vernehmlassung für eine Teilrevision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) eröffnet. Autor: Konrad Meier
Die Teilrevision enthält neu Regelungen zur Sanierung von Versicherungsunternehmen, führt zu aufsichtsrechtlichen Erleichterungen für Versicherer mit bestimmten Geschäftsmodellen und auferlegt Verhaltensregeln beim Vertrieb von Produkten mit Anlagecharakter (analog FIDLEG).
Des Weiteren werden Niederlassungen ausländischer Rückversicherer neu der schweizerischen Aufsicht unterstellt. Ein derartiges Regime, in dem eine ausländische Rückversicherungsniederlassung der lokalen Aufsicht unterstellt wird, wäre im internationalen Vergleich einzigartig.
Nach einer ersten Einschätzung von EY dürften die Auswirkungen für die Versicherer in der Schweiz insgesamt in administrativem Mehraufwand und zusätzlichen Kosten resultieren.
Weiterführende Informationen zur Vorlage:
Ende der Vernehmlassung: 28. Februar 2019
Publikation Botschaft/Entwurf: ca. Sommer/Herbst 2019
Inkrafttreten: Frühestens 2021
Die geplante Teilrevision des VAG sieht folgende Neuerungen bzw. Änderungen vor (Auszug):
Rückversicherer: Aufsicht über Zweigniederlassungen ausländischer Rückversicherer
- Die bisher von der Aufsicht ausgenommenen Zweigniederlassungen ausländischer Rückversicherer sind neu der schweizerischen Aufsicht durch die FINMA unterstellt
→ Handlungsbedarf/Implikationen:
- Erstbewilligungsverfahren bei der FINMA notwendig (Kosten für Bewilligung und Aufsicht)
- Erhöhter Aufwand für Compliance, Governance und Aktuariat sowie Berichterstattung
- Möglicher Verlust des Standortvorteils
Regeln zur Sanierung von Versicherungsunternehmen
- Sanierung statt Liquidierung im Krisenfall
- Vorteil: Bessere Interessenwahrung für die Versicherungsnehmer, welche am Weiterbestand ihrer Versicherungsverträge im Krisenfall interessiert sind
→ Handlungsbedarf/Implikationen:
- Allenfalls Anpassung Recovery & Resolution Planung (RRP) bei grösseren Versicherern
Erleichterungen für Versicherer mit bestimmten Geschäftsmodellen
- Einführung einer Kundenkategorisierung nach Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers
- Versicherungsunternehmen, die nur professionelle Kunden bedienen, erhalten aufsichtsrechtliche Erleichterungen (z.B. Direktversicherungscaptives und Industrieversicherer)
- Unternehmen mit besonders innovativen und zukunftsträchtigen Geschäftsmodellen (z.B. FinTech) können von der Aufsicht befreit werden, falls sie den Versichertenschutz ausreichend gewährleisten
→ Handlungsbedarf/Implikationen:
- Die bediente Kundenkategorie ist zu dokumentieren und allenfalls im Rahmen einer Geschäftsplanänderung der FINMA zu melden (einmaliger Aufwand)
- Bei professionellen Versicherungsnehmern ist die Kategorie jeweils vor Vertragsschluss zu dokumentieren
- Erhöhter Zeit- und Kostenaufwand für die Einhaltung der Compliance: Informations-/Dokumentationspflichten, Stichproben durch die FINMA etc.; wiederkehrender Aufwand)
Versicherungsvermittlern werden für Produkte mit Anlagecharakter Verhaltensregeln gegenüber Kunden auferlegt
- Das Gesetz soll analog zu den Verhaltenspflichten für Finanzdienstleister nach dem Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) Verhaltenspflichten für die Versicherungsbranche und den Vertrieb von Anlageprodukten einführen
- Im Finanzmarkt sollen für solche Produkte dieselben Bedingungen gelten wie für alle anderen Akteure
→ Handlungsbedarf/Implikationen:
- Umfassendere Informations- und Dokumentationspflichten der Versicherungsvermittler, inkl. Bekanntgabe der Entschädigungen durch die Versicherer
- Erhöhter Zeit- und Kostenaufwand für die Einhaltung der Compliance
- Anchlusspflicht der Versicherungsvermittler an eine Ombudsstelle
Interne Revision: Keine Befreiung mehr in Einzelfällen
- Fortan müssen sämtliche Versicherer ohne interne Revision eine solche entweder selber einrichten oder diese auslagern
- Betroffen sind voraussichtlich ca. 30 kleinere Versicherer
→ Handlungsbedarf/Implikationen:
- Höhere Regulierungskosten (einmaliger Beratungsaufwand für die Errichtung der internen Revision sowie wiederkehrender Aufwand für den Betrieb)
- Bei einer Auslagerung der internen Revision geht die Regulierungsfolgenabschätzung von einem Aufwand von ca. 15‘000-25‘000 CHF/Jahr aus
Lebensversicherungen mit Anlagecharakter
- Abgabe eines Basisinformationsblattes für sog. qualifizierte Lebensversicherungen
- Informationspflichten bei der Empfehlung von qualifizierten Lebensversicherungen
- Pflicht zur Angemessenheitsprüfung der Lebensversicherung
- Dokumentations- und Rechenschaftspflichten
→ Handlungsbedarf/Implikationen:
- Erstellung der entsprechenden Dokumentationen
- Prozessanpassungen und Monitoring
- Erhöhter Zeit- und Kostenaufwand für die Einhaltung der Compliance
Dokumenten-Herausgabeanspruch des Versicherungsnehmers
- Jederzeitiges Recht des Versicherungsnehmers auf Herausgabe einer Kopie seines Dossiers sowie sämtlicher weiterer ihn betreffender Dokumente
→ Handlungsbedarf/Implikationen:
- Aufsetzen von Prozessen zur Wahrnehmung dieser Pflicht (allenfalls sind auch IT-seitige Anpassungen notwendig)
Ihr Kontakt:
Konrad Meier, Senior Manager, Insurance Legal & Regulatory Leader, +41 58 289 43 27, konrad.meier@ch.ey.com
Adrian Halter, Reinsurance Leader Switzerland, +41 58 286 38 35, adrian.halter@ch.ey.com