Am 7. Mai trifft sich die Industrie zum Swiss Biotech Day. Im Rahmen der Veranstaltung wird der Swiss Biotech Success Stories Award verliehen. Was die Preisträger auszeichnet und wie es der Branche geht, berichtet Jürg Zürcher, Jurymitglied und Leiter Sektor Biotechnology bei EY.
Der Biotech-Branche scheint es gut zu gehen; Exportzahlen, Investitionssummen und Umsätze steigen. Stimmt dieser Eindruck?
Jürg Zürcher: Der Swiss Biotech Report, der am 7. Mai erscheint, zeigt: Das letzte Jahr war hinsichtlich Kapitalaufnahme das zweitbeste der Geschichte.
Hat die ganze Branche profitiert?
Vor allem börsenkotierte Unternehmen. Im vergangenen Jahr sind sie fast «en passant» zu Investorengeldern gekommen. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass Geld derzeit billig ist. Investoren konzentrieren sich zudem auf Unternehmen mit einer ausgereiften Forschungspipeline, wo absehbar ist, dass zeitnah neue Produkte auf den Markt kommen.
Welche Forschungsthemen stehen bei Investoren hoch im Kurs?
Thematisch ist die ethisch nicht unumstrittene Crispr-Technologie, bei der – vereinfacht gesagt – kranke Gene zerschnitten und durch gesunde ersetzt werden, stark im Fokus. Auch Krebsimmuntherapien zeigen vielversprechende Resultate. Therapien gegen Nervenerkrankungen wie Alzheimer haben in jüngerer Zeit zwar Rückschläge einstecken müssen, der Bereich Altersmedizin ist aber schon allein aus demografischen Gründen nach wie vor ein Wachstumsmarkt.
Welche Bedeutung hat die Branche für die Schweiz – und welche Bedeutung hat die Schweiz für die Branche?
Die Biotech-Branche ist mit rund 300 Unternehmen zwar überschaubar, aber sie bringt dem Land viel. Sie hält gut ausgebildete Fachkräfte in der Schweiz und zieht solche aus dem Ausland an. Zudem sind hiesige Biotech-Firmen überproportional erfolgreich, wenn man die Anzahl neuer, vielversprechender Patente mit der Grösse des Landes vergleicht. Die Schweiz ist also eine gute «innovation engine» – das wird auch im Ausland so wahrgenommen.
Haben Sie als Jurymitglied des Swiss Biotech Success Stories Awards also die Qual der Wahl?
Die Auswahl an erfolgreichen Unternehmen ist sicher gross. Das Problem liegt eher an einer der Haupttugenden der Schweizerinnen und Schweizer: Sie sind bescheiden und sprechen nicht besonders gerne über ihre Erfolge. Eine unserer Hauptaufgaben besteht also in der Tat darin, Unternehmen oder Einzelpersonen, die in Frage kommen, überhaupt erst zu finden. Wir wollen ja schliesslich jemanden auszeichnen, der das auch verdient hat.
Worauf achtet die Jury konkret?
Es gibt einen Katalog von 12 Kriterien, die wir uns anschauen. Dazu gehören zum Beispiel die Beteiligung von Schweizer Forschern oder Unternehmerinnen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Schweiz. Dann achten wir natürlich auch auf Nachhaltigkeit: Wir konzentrieren uns auf Firmen oder Forscher, die mit ihren Produkten oder Ideen bereits etwas erreicht haben. Wir wollen also keine Forschungsergebnisse auszeichnen, die zwar brandneu, aber in der Praxis noch nicht erprobt sind. Hierfür gibt es andere Awards.
Und Sie persönlich?
Als Partner bei EY interessieren mich natürlich die Zahlen, ob ein Unternehmen wirtschaftlich funktionieren kann oder nicht. Persönlich ist mir die gesellschaftliche Wirkung besonders wichtig. Wir haben Vertreterinnen und Vertreter aus der Wissenschaft, dem Journalismus und aus Biotech-Unternehmen in der Jury, die darunter vielleicht nicht immer ganz das gleiche verstehen. Für mich bedeutet es, dass die Preisträger der Gesellschaft etwas zurückgeben, in neue Technologien investieren oder junge Forscherinnen und Forscher, junge Unternehmen auf ihrem Weg begleiten.
EY und Biotechnologie Life Sciences ist ein Branchenfokus von EY. Als weltweit tätiges Unternehmen beobachtet EY die Entwicklung in den Life Sciences und dem Bereich Biotech bereits seit den 80er-Jahren. Für die Regionen Europa, Naher Osten, Indien und Afrika leitet Jürg Zürcher diesen Sektor. Bis vor zwei Jahren hat EY selber einen jährlichen Biotech Report veröffentlicht. Parallel dazu lancierte EY zusammen mit der SIX Swiss Exchange, dem Seco, der Swiss Biotech Association und weiteren Partnern eine gemeinsame Publikation: den Swiss Biotech Report, der seit 2004 erscheint und seit 2010 i Rahmen des Swiss Biotech Days präsentiert wird. |