An seiner gestrigen Sitzung vom 6. November 2019 hat der Bundesrat die definitiven Verordnungen zum Finanzdienstleistungs- und zum Finanzinstitutsgesetzgesetz, namentlich die FIDLEV, FINIV und AOV verabschiedet.

Vorab: All jene, welche mit der Implementierung in Rückstand sind, erhalten noch etwas mehr Zeit, wie dies aufgrund der Information des Eidgenössischen Finanzdepartements anfangs September erwartet werden konnte.

Inkrafttreten und Übergangsfristen

Mit den finalen Entwürfen der Verordnungen wurden die zahlreichen Übergangsfristen nochmals umfassend ergänzt. Dabei wird den Finanzdienstleistern grundsätzlich eine Übergangsfrist von zwei Jahren ab dem Inkrafttreten am 1. Januar 2020 gewährt. Mit der nun vorliegenden finalen Fassung hat man auch ein adäquates Übergangsregime in Bezug auf den sinngemässen Fortbestand der alten KAG Bestimmungen definiert, welche während der Übergangsfrist sinngemäss weiter gelten (so bspw. die Richtlinien der SFAMA zu den Themen Verhaltensregeln und Vertrieb).

Die Finanzdienstleister stehen nun vor der Wahl, ab welchem Zeitpunkt sie die neuen Verhaltens- und Organisationspflichten einhalten wollen. Ein Wechsel betreffend die Verhaltensregeln hat insgesamt zu erfolgen und muss mit der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft abgestimmt werden. Damit nicht eine Prüfung nach zwei Standards erfolgen muss, empfiehlt es sich den Wechsel auf das Ende einer Prüfperiode zu legen. Betreffend die Organisationspflichten kann ein anderer Zeitpunkt gewählt werden, aber auch hier gilt kein Rosinenpicken bzw. der Wechsel hat insgesamt zu erfolgen.

Mit diesen Ergänzungen herrscht nun insgesamt mehr Planungssicherheit und ein klarerer Zeithorizont für die notwendigen Anpassungen auf Seiten der Regulierten. Sofort mit Inkrafttreten anwendbar sind nur wenige Vorschriften. Eine Ausnahme bilden beispielsweise die Regeln zur Verwendung von Finanzinstrumenten von Kunden. So werden für vermögende Privatpersonen, die unter dem alten Regime erklärt haben als qualifizierte Anleger gelten zu wollen, ab 1. Januar 2020 keine ungedeckten Geschäfte mit Finanzinstrumenten mehr möglich sein.

Betreffend die Eintragung im neuen Kundenberaterregister gilt, dass die erforderlichen Kenntnisse durch die angepasste Übergangsfrist erst bis Ende 2021 nachgewiesen werden müssen. Die Registrierungsstellen werden bis zu diesem Zeitpunkt wohl provisorische, entsprechend gekennzeichnete Eintragungen zulassen. Neu sieht der finale Entwurf der FIDLEV vor, dass das Gesuch um Eintragung in das Beraterregister erst bis spätestens sechs Monate nach Zulassung einer Registrierungsstelle durch die FINMA erfolgen muss. Mit einer Zulassung der FINMA ist frühestens Mitte Januar 2020, allenfalls auch einige Zeit später, zu rechnen.

Wichtigste Änderungen in der FIDLEV

Der Begriff der Finanzdienstleistung wird neu wie erwartet durch einen Negativkatalog genauer definiert. Namentlich sind Dienstleistungen wie Corporate Finance oder die Beratung bei M&A-Transaktionen keine Finanzdienstleistungen gemäss FIDLEG. Zudem wird ergänzend erklärt, was als Erwerb oder Veräusserung von Finanzinstrumenten gilt, nämlich jede direkt an bestimmte Kunden gerichtete Tätigkeit, die spezifisch auf den Erwerb oder die Veräusserung abzielt. Der Begriff der Vermittlung wurde in diesem Zusammenhang hingegen gestrichen.

Bereits im Parlament wurde die Frage diskutiert, in wie weit Kundenberater ihre Kunden bei Änderungen von Risiken und Kosten informieren müssen. Der Verordnungsentwurf sah hier noch eine Pflicht zur Information über wesentliche Änderungen innert angemessener Frist vor. Diese Bestimmung wurde, dem parlamentarischen Willen folgend, wieder aus der Verordnung gestrichen.

Basisinformationsblätter (BIB) sind entweder in einer Amtssprache, in Englisch oder in der Korrespondenzsprache mit dem Kunden zu erstellen. Dies gilt gemäss dem finalen Entwurf der FIDLEV auch für BIB von kollektiven Kapitalanlagen, welche ebenfalls auf Englisch erstellt werden dürfen. Wie erwartet, können die in der Praxis bereits im europäischen Markt produzierten PRIIPs-KIDs anstatt eines Schweizer BIBs verwendet werden, nicht jedoch UCITS-KIIDs oder die im Vorentwurf noch vorgesehenen Produkteinformationsblätter nach deutschem Wertpapierhandelsgesetz.

Für Execution only Geschäfte gilt nach FIDLEG, dass kein BIB zur Verfügung gestellt werden muss, ausser wenn ein solches bereits vorhanden ist. Die FIDLEV präzisiert nun, dass ein BIB als vorhanden gilt, wenn es mit verhältnismässigem Aufwand gefunden werden kann (bspw. eine Internetrecherche). Zudem darf das BIB bei Execution only Geschäften mit der Zustimmung des Kunden auch erst nach Abschluss des Geschäfts zur Verfügung gestellt werden.

Wichtigste Änderungen in der FINIV

Die Kriterien zur Bestimmung der Gewerbsmässigkeit von den neu beaufsichtigten “einfachen” Vermögensverwaltern werden in der finalen Version der FINIV detaillierter beschrieben. Die Schwellenwerte (Bruttoertrag von mehr als CHF 50’000, Geschäftsbeziehungen mit mehr als 20 Vertragsparteien oder Verfügungsmacht über fremde Vermögenswerte von CHF 5Mio.) wurden wie in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehen übernommen, ausser dass das Gesamtvolumen der Transaktionen kein Kriterium für die Gewerbsmässigkeit mehr ist. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass bei der Verwaltung von Kollektivvermögen die Übertragung von Aufgaben auch an “einfache” Vermögensverwalter möglich ist.

Ebenfalls eine erhebliche Erleichterung für mittelgrosse Vermögensverwalter bedeutet die Anhebung der Schwellenwerte, ab denen ein unabhängiges Oberleitungsorgan, ein unabhängiges Risikomanagement und eine unabhängige interne Kontrolle von ertragsorientierten Tätigkeiten eingerichtet werden müssen.

Der Countdown läuft

Mit der Veröffentlichung der definitiven Verordnungen und den entsprechenden Übergangsfristen rückt die Stunde null des FIDLEG/FINIG-Zeitalters in Sichtweite. Auch kleinere Finanzdienstleister sind gut beraten, mit der Implementierung der ersten Massnahmen nicht mehr weiter zuzuwarten. Inzwischen stehen Erfahrungen der “First Mover” zur Verfügung und die künftigen Industriestandards wurden bzw. werden aktuell definiert. Gleichzeitig bleibt aber auch noch Zeit, mit den relevanten Stakeholdern eine institutsangepasste Umsetzung der Regulierungen anzugehen.