Die Preise sind hoch, die Zinsen tief, Spitzenobjekte und Bauland rar. Der Immobilienmarkt befindet sich in einem herausfordernden Umfeld. Wachstum und Performance sind trotzdem möglich.
Switzerland, we have a problem! Investoren haben Geld, viel Geld. Und dieses Kapital wollen sie anlegen – vorzugsweise in renditeträchtige Wohnimmobilien. Das zeigt das «Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2020» von EY Schweiz. Nur: Da die Zinsen auf historischen Tiefstständen liegen, sind attraktives Bauland und Renditeobjekte rar geworden – und die Preise hoch. Trotzdem ist Warten, bis der Markt billiger wird, für mehr als die Hälfte der befragten aktiven Investoren keine Option. Vielmehr treten sie dem komplexen Umfeld aus Spätzyklus und anhaltendem Niedrigzinsumfeld zunehmend aktiv entgegen.
Smarte Strategien aus der Praxis
Wie? 96 Prozent fokussieren auf Portfolio-Bereinigungen, weil sie im Schweizer Immobilienmarkt keine weiteren Erhöhungen im Transaktionsvolumen erwarten; sie verkaufen also Immobilien, die alt sind oder nicht mehr rentieren. Damit lassen sich nach wie vor gute Gewinne realisieren. Zukäufe machen 87 Prozent – allerdings nur selektiv, da die Preise so hoch sind. 67 Prozent fassen Investitionen im Ausland ins Auge. Und 81 Prozent investieren mehr in Projektentwicklung; statt fixfertige Häuser zu kaufen, erwerben sie Land, bauen selber und erzielen so Wertschöpfung.
Das hört sich in der Theorie gut an. Dass Schweizer Investoren in der Praxis auf diese Strategien setzen, zeigte das Immo’20-Panel «Zu wenig Angebot – zu viel Geld: Performance- und Wachstumsstrategien in gesättigten Märkten».
Schwerpunkt liegt auf Projektentwicklung
«Wir entwickeln enorm viel in der Schweiz», sagte Dr. Christoph Schumacher, Global Head Real Estate, Credit Suisse Asset Management (Schweiz). «Zurzeit investieren wir 1,3 Milliarden Franken in den Bau und haben eine Pipeline von 3 Milliarden. Zusammen mit Partnern entwickeln wir beispielsweise in Basel in den nächsten 15 Jahren ganze Areale.» Auch im Ausland sei man seit geraumer Zeit stark aktiv.
Langfristigkeit ist für Cornel Widmer, Global Head Real Estate bei der Zurich Investment Group, ein entscheidender Punkt: «Wachstumsstrategien sind in Märkten wie heute erfolgreich, wenn man sich nicht nur kurzfristig orientiert. Man muss sich überlegen: Was hilft uns Immobilieninvestoren in der Zukunft?»
Zukunft ist digital und vernetzt
In Zukunft müssen Projektentwicklungen laut dem EY Trendbarometer vor allem höheren Anforderungen an eine smarte, sprich vernetzte, Infrastruktur genügen. Gleichzeitig werden kooperative Projektentwicklungsprozesse wichtiger. Gerade dabei dürften PropTechs eine wichtige Rolle spielen, die die Immobilienwirtschaft durch technologische Lösungen effizienter machen.
In dieser Disziplin ist die Schweiz im Vergleich mit dem Ausland laut Mario Facchinetti führend. «Doch nur Innovation geht nicht, wenn sie nicht adaptiert wird», meinte der Initiator und Leiter von SwissPropTech am Panel. Das Know-how werde aber aufgebaut – beispielsweise durch neue Studiengänge. «So können die Etablierten lernen, die Innovationen auf ihr Kerngeschäft anzupassen.» Eine der wohl grössten Herausforderungen im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung ist für die meisten die Nachrüstung des Gebäudebestands.
Datenbasis ist Hausaufgabe Nummer 1
Cornel Widmer sieht im Zusammenhang mit dem Megatrend noch eine weitere grosse Aufgabe auf die Gestandenen der Branche zukommen: die Datenbasis. «Für uns ist das die Hausaufgabe Nummer eins.» Das kommt nicht von ungefähr. Nur wer alle Finanz-, Markt- und technischen Daten seiner Objekte digital erfasst hat, kann vernetzte Technologien voll ausnutzen und alles effizienter, schneller und kostengünstiger managen. Smartes Asset Management wird gerade in einem gesättigten Markt wie der Schweiz, wo die Wertsteigerung nicht mehr automatisch passiert, immer wichtiger.