25 Jahre sind seit der Einführung der MWST vergangen. Dieser Beitrag präsentiert eine Vision der MWST über diversifizierte MWST-Sätze, welche damit auch die Lenkungsabgaben miteinschliessen.

Das 25-jährige MWST-Jubiläum bietet einen Anlass sich mit der Zukunft der MWST auseinanderzusetzen. Dieser Beitrag behandelt eine solche Vision und soll als Denkanstoss für zukünftige Möglichkeiten im Bereich der MWST sowie artverwandter Abgaben dienen.

Die erwachsene MWST

Bei der Einführung der MWST im Jahre 1995 stand die Hypothese im Raum, dass sie einfacher zu erheben sei als die WUST, die vorher 54 Jahre ihren Dienst erwies. Im Unterschied zur MWST besteuerte sie keine Dienstleistungen. Nach 25 Jahren ist auch die MWST erwachsen, viele anfängliche Geburtsfehler konnten insbesondere mit der Totalüberarbeitung im Jahre 2010 ausgemerzt werden. Der von der Wirtschaft und Beratern geforderte einheitliche Steuersatz wurde jedoch nicht realisiert. Dieser hätte die MWST Erhebung nochmals vereinfacht. Grund genug, über die Diversifikation der MWST Sätze nachzudenken. Die Diversifikation der MWST Sätze könnte in Tat und Wahrheit zu einer signifikanten Vereinfachung des Steuer- und Abgabesystems beitragen und wäre gegen die Erschwerung ihrer Erhebung aufzuwiegen.

Intransparente Lenkungsabgaben

Welchem durchschnittlichen Konsumenten ist bewusst, dass er mit dem Kauf eines Personenwagens zusätzlich zu 7.7% MWST noch 4% Automobilsteuer und CO2 Abgaben, Biertrinker eine Biersteuer, Spirituosengeniesser eine Alkoholabgabe, Raucher eine Tabaksteuer entrichtet? Weitere Lenkungs- und Finanzierungsabgaben wie der Versicherungsstempel, die VOC Abgabe, Recyclinggebühren, Mineralölsteuer, Flugticketabgaben und weitergehende Vorschläge, wie eine Äquivalenzabgabe für nicht nach Schweizer Standards produzierten Güter führen zu einem Wildwuchs an indirekten Abgaben, welche für den Konsumenten intransparent bleiben. Lenkungsabgaben sollten jedoch beim Konsum ersichtlich sein, damit die optimale Lenkungswirkung erzielt wird. Benötigen wir wirklich feinst verästelte Abgabenabstufungen, welche auf unterschiedlichsten Bemessungswerten basieren oder würden Vereinfachungen bei den Lenkungsabgaben, die auf dem Verkaufswert gegenüber Endkonsumenten ansetzen, nicht auch vollständig ausreichen?

Vision diversifizierte MWST-Sätze

Als Vision steht damit im Raum, die MWST-Sätze stark zu diversifizieren, um neben der Finanzierung der staatlichen Aufgaben auch eine effiziente Lenkungswirkung zu erreichen und gleichzeitig vorgenannte Lenkungsabgaben gänzlich ins MWST-System zu überführen. Um die Komplexität der Bestimmung des diversifizierten MWST-Satzes nicht über alle Stufen der Wirtschaftsteilnehmer auszuweiten, sollte gleichzeitig die Netto-Allphasensteuer zurück zu ihren Anfängen geführt werden, nämlich der Wiedereinführung der Einphasensteuer, der WDUST. Diese «Waren- und Dienstleistungsumsatz Steuer» würde nur gegenüber den nicht steuerpflichtigen Personen erhoben, aber die bekannten Ortsbestimmungsregeln beibehalten, um die Kompatibilität mit der EU MWST aufrechtzuerhalten. Die Lenkungsabgaben würden nicht mehr aufgrund Gewichts, Volumenprozenten oder Flugdestinationen udgl. bemessen, sondern ausschliesslich nach Verkaufswert und dem diversifizierten MWST-Satz nach Güterkategorie. Nachteil an diesem System wäre, dass einzelne Luxusgüter (z.B. Spitzenweine) der gleichen Güterkategorie mit rein wertbasierter Steuer stärker belastet würden als heute. Die Festsetzung der diversifizierten WDUST-Sätze wäre anfänglich, d.h. beim Übergang ins Einheitssystem WDUST, ein ausgeprägter politischer Prozess, was gegen die Vision sprechen könnte. Dafür könnte eine breitere politische Akzeptanz für Vereinfachungen und Transparenz diesen Systemwechsel ermöglichen.

Vorteile des Systemwechsels

Steuersysteme haben eine hohe angebots- und nachfragebezogene Wirkung. Bei Gütern mit preiselastischer Nachfrage dürfte die Diversifikation der WDUST-Sätze und offene Überwälzung heute versteckter Abgaben auch zu einem erheblichen Druck auf überteuerte Import- und Binnengüter (Nettopreise vor WDUST) führen. Unter dieser Arbeitshypothese brächten diversifizierte WDUST-Sätze einen erwünschten Effekt auf die Minderung der Preisinsel Schweiz, so dass ein Teil der höheren WDUST-Sätze nicht durch die Konsumenten, sondern durch den Abbau der Übermargen aus- und inländischer Anbieter finanziert würde. Damit ist auch angesprochen, dass ein Systemwechsel zu höheren WDUST-Einnahmen führen dürfte, insgesamt aber fiskaleinnahmenneutral wäre, soweit diese Mehrwerteinnahmen mit Steuern des Einkommens kompensiert werden. Die OECD hat in der Länderbesprechung «Going for Growth» der Schweiz schon 2013 empfohlen, indirekte gegenüber direkten Steuereinnahmen relativ zu erhöhen. Damit könnten positive Impulse auf Arbeitseinkommen sowie Investitionen und damit zusätzliches Wirtschaftswachstum ausgelöst werden.

Nach 25 Jahren MWST ist die Zeit reif, neue Visionen zu prüfen und gewissermassen wie im Erwachsenenleben mit der Karriere der MWST durchzustarten.